Gastbeitrag von Maria Grohmann
Eltern stehen viele Möglichkeiten zur Verfügung, die Sprachentwicklung ihres Kindes zu fördern und ihnen damit Raum zur persönlichen Entfaltung, zur Sozialentwicklung und zum ganzheitlichen Entdecken der Umwelt zu schenken. Welche Dinge du beachten solltest und wie es dir gelingt, positiv auf die Sprachentwicklung deines Kindes einzuwirken, habe ich dir aufgelistet. Sieh dir meine 10 Tipps für sprachförderndes Verhalten an und du wirst schnell merken, dass sich vieles davon gut in den alltäglichen Ablauf integrieren lässt.
Inhalt
Tipp 1: Schau mich an!
Halte Blickkontakt mit deinem Kind, um ihm deine ganze Aufmerksamkeit beim Sprechen zu schenken. So merkt es, dass du dich dafür interessierst, was es spricht. Durch euren gemeinsamen Blickkontakt und die damit verbundene Nähe zueinander erfährt das Kind außerdem, wie sich deine Lippen bei bestimmten Worten bewegen und kann es für die Sprachentwicklung übernehmen.
Tipp 2: Spiel mit mir!
Kinder lernen durch Neugier, Neugier entsteht durch Ausprobieren und Experimentieren. Du merkst schon jetzt, wie wichtig dafür das Spielen ist. Dein Kind probiert sich an unterschiedlichen Materialien aus, verschiedene Dinge bekommen eine Bedeutung und somit einen Namen (Wortschatz), Zusammenhänge werden erfasst und Erfahrungen gesammelt. Gib deinem Kind nicht alles vor, sondern lass es ruhig probieren, was alles möglich ist. Durch das gemeinsame Spielen regst du übrigens auch Kommunikationssituationen an, ihr geht ein Turn-Taking-Verhältnis (Sprecherwechsel) ein, in dem ihr euch Fragen stellt, Antworten gebt oder auch gemeinsam ganz spielerisch über einen Sachverhalt sprecht.

Tipp 3: Hör mir zu!
Lass dein Kind sprechen, wenn es dir etwas zu sagen hat. Es merkt dadurch, dass du ihm seine Aufmerksamkeit schenkst und dass es sich Zeit zum Sprechen lassen kann. Dadurch entwickelt sich Sprechfreude, die wiederum der „Motor der Sprachentwicklung“ ist. Wird ein Kind des Sprechens gehemmt, verliert es schnell die Motivation. Hörst du ihm jedoch zu und gibst ihm das Gefühl, dass seine Äußerungen wichtig sind, kannst du damit positiv auf die Sprachentwicklung einwirken.
Tipp 4: Begleite dein Handeln sprachlich!
„Handlungsbegleitendes Sprechen“ – hast du davon schon einmal gehört? Es bedeutet, dass du deine Handlungen mit Worten begleitest – im gemeinsamen Spiel, beim Tisch decken, beim Einkaufen oder auch beim Spazieren gehen. Deinem Kind werden somit neue Wörter angeboten, es nimmt Satzstrukturen auf und vor allem merkt es, wie viel Spaß auch dir das Sprechen bereitet.
Tipp 5: Gib mir Raum zum Bewegen!
Sprache und Bewegung bilden einen engen Zusammenhang. Geben wir unserem Kind genügend Bewegungserfahrungen, um sich motorisch entwickeln zu können, fördern wir gleichzeitig die Sprachentwicklung. Mund- und Zungenbewegungen bedeuten feinstmotorische Koordinationsbewegungen, die wiederum auf fein- und grobmotorischen Fähigkeiten aufbauen. Lernt das Kind nicht, sich selbst mit seinem Körper wahrzunehmen und auszuprobieren, so wird es ihm auch schwerfallen, die feinen Strukturen und Muskeln beim Sprechen korrekt wahrzunehmen, zu integrieren und dann in den Sprachprozess einzubauen.

Tipp 6: Sprich mit mir, nicht mit deinem Smartphone!
Jedem von uns ist klar, welchen Stellenwert mittlerweile die digitale Welt für uns eingenommen hat. Täglich schenken wir den Bildschirmen unserer modernen Medien ziemlich viel Zeit und Aufmerksamkeit und merken manchmal gar nicht, wie viel Raum wir dadurch für „echte Begegnungen“ verschenken. Es ist keine Seltenheit, dass in Wartezimmern, auf Auto- oder Bahnfahrten oder selbst beim Stadtbummel oder Waldspaziergang öfter das Handy gezückt wird, als aktiv mit dem Kind die Umwelt zu entdecken, ein Buch anzusehen oder über den Tag zu sprechen. Es wäre doch für euch beide sehr wertvoll, wenn du dir mal ganz konkret Zeit für eine „Digital Detox“-Kur nimmst, oder?
Tipp 7: Weck Sprechfreude in mir!
Etwas weiter oben konntest du bereits lesen, wie wichtig es für die kindliche Sprachentwicklung ist, Sprechfreude anzuregen. Das geht ganz einfach: nimm dir ein Buch und schau es dir gemeinsam mit deinem Kind an, singt ein Lied und reimt lustige weitere Strophen dazu oder wühl mal in deinen Erinnerungen nach alten Versen und Fingerspielen.
Tipp 8: Lass mich die Welt mit allen Sinnen entdecken!
Kinder lernen am besten durch die Integration aller ihnen zur Verfügung stehenden Sinne. Lass also zu, dass dein Kind mit ganz unterschiedlichen Materialien experimentiert oder dass es Dinge zum Klingen bringt. Durch die ganzheitliche Betrachtung der Umgebung gelingt es, Zusammenhänge zu erfassen, Bedeutungen kennen zu lernen und Interesse an neuen Wissensinhalten zu wecken.

Tipp 9: Korrigier mich nicht!
„Korrektives Feedback“ ist hier das Stichwort. Gib deinem Kind eine Rückmeldung, in dem du ein Wort oder einen Satz in korrekter Form wiederholst. Das direkte Ansprechen eines Fehlers könnte dein Kind in Bezug auf die Sprechfreude hemmen und ist oftmals unangenehm. Durch die korrigierende Rückmeldung findet eine indirekte Verbesserung statt – du kannst das falsch ausgesprochene Wort oder den Satz auch durch eine leichte Betonung hervorheben. Ich gebe dir ein Beispiel: Wenn dein Kind sagt „Ich tann so toll schauteln“, dann wäre dein korrektives Feedback „Stimmt, du kannst schon so toll schaukeln!“
Tipp 10: Sei (m)ein sprachliches Vorbild!
Generell gilt: sei selbst ein sprachliches Vorbild. Nimm dir Zeit zum Sprechen, sprich nicht nur in kurzen Sätzen oder gar mit Abkürzungen und trete in ernst gemeinte Interaktion mit deinem Gegenüber. Dein Kind lernt dadurch, wie wertvoll und schön Kommunikation sein kann und was es alles in unserer Welt zu entdecken gibt. Hast du selbst Freude am Sprechen, wird dein Kind das merken.

Über Maria Grohmann
Irgendwo zwischen Logopädie, Musiktherapie und einem kreativen Alltag als Therapeutin – Maria Grohmann hat es sich zur Aufgabe gemacht, über ihre Arbeit als Sprach- und Musiktherapeutin zu berichten und dabei wertvolle Anregungen für einen kreativen Umgang mit Lern- und Entwicklungsinhalten zu geben. Neben ihren Angeboten für geistige- und schwerstmehrfachbehinderte Kinder und Jugendliche kann man die Thüringerin auch auf Hochzeiten singen hören oder als Dozentin für pädagogische und musiktherapeutische Inhalte erleben. Auf Marias Blog Laute(r) Gedanken erfährst du mehr!
