Kinder- und Jugendhospiz Mitteldeutschland

Das Kinderhospiz Mitteldeutschland Nordhausen e. V. wurde im Jahr 2005 gegründet. Seit dem habe ich es selbst schon ein paar Male besucht und als Journalistin darüber berichtet. Ich habe einen unglaublichen Respekt vor dieser großartigen Arbeit und ziehe definitiv meinen Hut vor jedem einzelnen Mitarbeiter.

Aus diesem Grund möchte ich auch heute – am Tag des Deutschen Hospiztages – es nicht versäumen über das Kinder- und Jugendhospiz Mitteldeutschland zu berichten. Denn mehr als 50.000 Kinder und Jugendliche mit einer tödlichen Erkrankung leben aktuell alleine in Deutschland.

Thüringen hat als letztes Bundesland erst im Juni 2014 das Thüringer Gesetz über betreute Wohnformen und Teilhabe verabschiedet. Das bisherige Heimgesetz wurde durch das jetzige Landesrecht ersetzt.

Menschen im Hospiz | Copyright: Pixabay

Interview mit Klaus-Dieter Heber

Der gebürtige Nordhäuser (68) ist nicht nur der Geschäftsführer der DKFS Holding & Support GmbH, sondern auch ehrenamtlicher Gründungsvorsitzender und Initiator des Kinderhospizes Mitteldeutschland gGmbH. Bereits im Jahr 2015 erhielt er für sein ehrenamtliches Handeln den Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland. Klaus-Dieter Heber ist Dipl. Ing. und Finanzbuchhalter, verheiratet, hat zwei Kinder und fünf Enkelkinder.

Wird das Kinderhospiz Mitteldeutschland nach dem sogenannten Heimgesetz geführt?

Klaus-Dieter Heber: „Nein, unsere Einrichtung wird nicht, wie vielleicht viele denken, nach dem Heimgesetz geführt. In dem Fall hätten wir uns wie eine Pflegeeinrichtung oder wie ein Krankenhaus an völlig veraltete Strukturen halten müssen. Wir hätten niemals eine individuelle Betreuung für unsere Familien, in der Form wie wir sie jetzt für unsere Patienten und ihre Angehörigen haben – mit Therapiebecken und Saunabereich, anbieten können. Nach Heimgesetz Regelungen gibt es ganz klare und enge Grenzen. Das allgemeine Hospiz- und Palliativgesetz hingegen ist bis Ende letzten Jahres ausschließlich auf Erwachsene ausgelegt gewesen und nicht für Kinder. Unser modernes Kinderhospiz in Tambach-Dietharz wurde deshalb auf Grundlage des Kinder- und Jugendhilferechts (KJHG) erbaut.“

Warum kann ein Hospiz nicht vom jeweiligen Bundesland finanziert werden?

Klaus-Dieter Heber: „Das ist ganz klar geregelt und ist auf kommunaler Ebene rechtlich völlig ausgeschlossen. Ein Bundesland, also auch das Bundesland Thüringen, kann niemals ein Träger von einer wirtschaftlichen oder sozialen Einrichtung sein. Deshalb haben wir uns auch als Verein gegründet.“

Besteht Ihrer Meinung nach die Möglichkeit, dass das Kinderhospiz in Zukunft nicht nur primär aus Spendengeldern finanziert werden muss?

Klaus-Dieter Heber: „Das wäre durchaus denkbar. Wenn die Krankenkassen den Tagespflegesatz größtenteils bezahlen würden und max. fünf Prozent aus Spendengeldern finanziert werden müssten. Allerdings haben wir, wie andere Kinderhospiz-Einrichtungen in Deutschland auch, in den letzten Jahren 40 Prozent von den Kassen erstattet bekommen und mussten 60 Prozent durch Spenden selbst finanzieren. Nach den letzten Verhandlungen vor gut einem Jahr liegen wir jetzt immerhin bei 55 Prozent Kassenzuschuss und 45 Prozent Selbstfinanzierung durch Spendengelder.“

Was hat sich Ihrer Meinung nach dem Regierungswechsel in Thüringen im sozialen Bereich verändert?

Klaus-Dieter Heber: „Wir sind von Beginn an als ehrenamtliche Einrichtung mit einem hoch sensiblen Thema aufgetreten und wurden bis zum Schluss nicht beachtet oder nur hämisch betrachtet, auch von Spitzenpolitikern des Landes. Erst mit dem letzten Regierungswechsel ist urplötzlich Interesse bekundet worden, durch das Büro des Ministerpräsidenten, der uns wenig später im Mai 2015 einen Besuch zusammen mit der Sozialministerin Heike Werner abstattete. Sie haben beide keine großen Reden geschwungen, sondern gehandelt und uns bei dem Gesetzesentwurf auf Bundesebene geholfen, so dass nach über 14 langen Jahren das neue Hospiz- und Palliativgesetz verabschiedet werden konnte.“

Welche grundlegenden Veränderungen sind durch das neue Gesetz entstanden?

Klaus-Dieter Heber: „Durch die neuen Regelungen, die im November 2015 in Kraft getreten sind, sollen mehr Menschen, demzufolge auch Kinder, Zugang zu einer professionellen Sterbebegleitung bekommen. Der Paragraph 39a des SGB (V) für stationäre und ambulante Hospizleistungen besagt, dass Kinder besondere Rahmenvereinbarungen benötigen. Die Situation für die Sterbenden soll verbessert werden, indem Familien künftig leichter die Leistungen von ambulanten oder stationären Hospizdiensten in Anspruch nehmen können.

Bereits seit 2008 haben wir, neben unserer Einrichtung in Tambach-Dietharz, auch den ambulanten Dienst in den größeren Städten in Thüringen, wie z.B. in Erfurt, Jena, Gotha und Nordhausen angeboten.

Tendenziell wollen wir auch noch Suhl betreuen, dann haben wir Thüringen ganz gut abgedeckt. Dort werden ehrenamtliche Mitarbeiter als sogenannte Familienbegleiter ausgebildet, die dann die betroffenen Patienten und deren Familie unterstützen können.

Der Förderantrag für den geplanten Neubau wurde abgelehnt. Wie gehen Sie damit um?

Klaus-Dieter Heber: „Wir hatten bei dem oben genannten Besuch des Ministers eine Art „Wunschliste“ für das Kinderhospiz abgegeben mit der Bitte um zukünftige Unterstützung. Bereits im Herbst 2015 erhielten wir die Ablehnung, das für den Haushalt 2016 leider keine finanziellen Mittel zur Verfügung stehen würden, aufgrund der Politik der Vorgängerregierung.

Der einzige Vorwurf, der an dieser Stelle wirklich zu machen ist, dass die Krankenkassen sich bis heute vehement geweigert haben, trotz Gesetzesänderung, eine angemessene Finanzierung an dem entsprechenden Tagespflegesatz zu bezahlen. Wir haben am Anfang 267 Euro bekommen, bei einem Tagesbedarf von 650 Euro pro Kind. Der hohe Pflegeaufwand besteht in der Intensität der Pflegekraft.“

Wer das Kinder- und Jugendhospiz in Tambach-Dietharz ehrenamtlich oder finanziell unterstützen möchte, findet weitere Infos dazu hier.

https://www.kinderhospiz-mitteldeutschland.de/aktivwerden

Interview: Frances Engel

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